Amazon GPSR: Die neue EU-Produktsicherheitsverordnung 2024

Einführung: Ab dem 13. Dezember 2024 tritt die EU-Verordnung (EU) 2023/988 – bekannt als General Product Safety Regulation (GPSR) – in Kraft. Diese Allgemeine Produktsicherheitsverordnung ersetzt die alte Produktsicherheitsrichtlinie von 2001 und läutet eine neue Ära des Verbraucherschutzes ein. Für E-Commerce-Händler, Amazon Seller und Vendoren bedeutet dies erhebliche neue Pflichten in Bezug auf Produktsicherheit, Kennzeichnung und Verantwortung. In diesem Leitfaden erfahren Sie, was Amazon-Händler über die GPSR wissen müssen – von den zentralen Anforderungen (z.B. Responsible Person, Produktkennzeichnung, Rückverfolgbarkeit) bis hin zu praktischen Schritten zur Vorbereitung auf die neuen Vorschriften.

Was ist die GPSR?

Die General Product Safety Regulation (GPSR) – auf Deutsch etwa Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit – ist eine neue EU-Verordnung zur Produktsicherheit von Verbraucherwaren. Sie wurde im Mai 2023 verabschiedet und ersetzt die bisherige Produktsicherheitsrichtlinie 2001/95/EG aus dem Jahr 2001. Anders als eine Richtlinie gilt eine Verordnung unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten (kein nationaler Umsetzungsakt erforderlich). Die GPSR zielt darauf ab, ein höheres Verbraucherschutzniveau und fairen Wettbewerb sicherzustellen. Sie modernisiert das Rechtsrahmen, um aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden – insbesondere den Risiken des Online-Handels, globaler Lieferketten und neuer Technologien (z.B. IoT und KI in Produkten). Kurz gesagt: Die GPSR soll gewährleisten, dass alle Verbraucherprodukte auf dem EU-Markt sicher sind, egal ob sie online oder offline verkauft werden.

Geltungsbereich der GPSR

Die GPSR gilt für nahezu alle Non-Food Verbraucherprodukte, die in der EU verkauft oder bereitgestellt werden – einschließlich neuer, gebrauchter, generalüberholter oder reparierter Waren. Entscheidend ist, dass die Regelung vertriebskanal-neutral ist: Sie erfasst Produkte unabhängig davon, ob sie online (z.B. über Amazon) oder offline gehandelt werden.

Ausnahmen: Bestimmte Produktkategorien sind ausgenommen, etwa Lebensmittel und Futtermittel, Arzneimittel, lebende Tiere und Pflanzen, sowie einige spezielle Produktgruppen (z.B. Antiquitäten oder deutlich als zu reparieren gekennzeichnete Produkte). Für solche Waren gelten andere spezifische Sicherheitsvorschriften. Generell fungiert die GPSR als Auffangregelung: Sie greift für alle Verbraucherprodukte, soweit nicht spezielle EU-Sicherheitsvorschriften (z.B. spezifische CE-Richtlinien) bereits einschlägig sind. Ist ein Produkt bereits durch ein spezielleres Gesetz reguliert, so ergänzt die GPSR diese Regelungen in Hinblick auf Risiken oder Aspekte, die dort nicht abgedeckt sind.

Wirtschaftsakteure: Die Verordnung betrifft alle relevanten Marktakteure – Hersteller, Importeure, Händler und sogar Fulfillment-Dienstleister. Jeder, der ein Produkt in der EU in Verkehr bringt oder bereitstellt, fällt unter die Pflichten der GPSR. Damit schließt sie ausdrücklich auch Online-Händler und Marktplatzbetreiber (wie Amazon) mit ein, um eine durchgängige Produktsicherheit über alle Vertriebsschienen zu erreichen.

Zentrale Anforderungen der GPSR

Die GPSR bringt eine Reihe neuer Sicherheitsanforderungen und Sorgfaltspflichten für Unternehmen mit sich. Im Folgenden sind die wichtigsten Pflichten und Änderungen aufgeführt, die für Amazon-Händler und andere E-Commerce-Anbieter relevant sind:

Verantwortliche Person (EU Responsible Person)

Eine der bedeutendsten Neuerungen ist die Einführung der „verantwortlichen Person“ in der EU (EU Responsible Person). Für jedes Verbraucherprodukt muss ein in der EU ansässiger Wirtschaftsakteur benannt sein, der als primärer Ansprechpartner für die Produktsicherheit dient. Diese verantwortliche Person hat sicherzustellen, dass das Produkt den geltenden Sicherheitsanforderungen entspricht, und sie kooperiert im Fall von Problemen mit Behörden.

Wer kann diese Rolle übernehmen? Laut GPSR kann die verantwortliche Person je nach Konstellation z.B. der Hersteller selbst (sofern in der EU ansässig), ein autorisierter Vertreter, der Importeur, der Händler oder ein Fulfillment-Dienstleister sein. Wichtig ist, dass für jedes Produkt eine verantwortliche juristische oder natürliche Person innerhalb der EU benannt ist.

Für Amazon-Verkäufer außerhalb der EU bedeutet dies praktisch: Entweder man gründet eine Niederlassung in der EU oder man beauftragt einen Authorized Representative bzw. Importeur, der diese Aufgabe übernimmt. Amazon selbst könnte theoretisch als „Erfüllungsdienstleister“ (Fulfillment Service Provider) zum verantwortlichen Akteur werden, möchte diese Haftung jedoch vermeiden – daher fordert Amazon Händler aktiv auf, selbst eine Responsible Person zu benennen. Die Kontaktdaten der verantwortlichen Person müssen zudem gegenüber Verbrauchern und Behörden offengelegt werden (siehe Kennzeichnungspflichten unten).

Produktkennzeichnung & Sicherheitshinweise

Die GPSR verschärft die Kennzeichnungspflichten für Produkte deutlich. Alle relevanten Informationen, die für die Identifizierung des Produkts und seines Herstellers wichtig sind, müssen klar und dauerhaft am Produkt (oder dessen Verpackung) angebracht sein. Insbesondere sind folgende Angaben verpflichtend:

  • Herstellerangaben: Name und Anschrift des Herstellers (bzw. bei Non-EU-Herstellern: des Importeurs) müssen auf dem Produkt oder der Verpackung stehen. So wird sichergestellt, dass stets ein verantwortlicher Ansprechpartner in der Lieferkette ausfindig gemacht werden kann.

  • Verantwortliche Person: Ebenso sind die Kontaktdaten der benannten Responsible Person in der EU am Produkt/der Verpackung anzugeben (falls diese Person nicht ohnehin der Hersteller oder Importeur ist). Verbraucher und Behörden sollen auf einen Blick sehen können, wer EU-weit für die Sicherheit des Produkts geradesteht.

  • Produktidentifikation: Jedes Produkt muss eindeutig identifizierbar sein, typischerweise durch Typen-, Chargen- oder Seriennummer oder ein ähnliches Kennzeichen. Dies dient der Rückverfolgung einzelner Fertigungslose und erleichtert etwaige Rückrufe.

  • Warnhinweise und Gebrauchsanleitungen: Alle erforderlichen Sicherheitsinformationen, Warnhinweise und Bedienungsanleitungen müssen in der jeweiligen Amtssprache des Verkaufslandes zur Verfügung gestellt werden. Ein Produkt, das z.B. in Deutschland verkauft wird, muss also alle Warnhinweise auf Deutsch enthalten. Diese Vorgabe stellt sicher, dass Verbraucher die für die sichere Verwendung nötigen Informationen verstehen.

Für Amazon-Händler bedeutet dies, dass sie ihre Produktverpackungen und -etiketten überprüfen und ggf. aktualisieren müssen. Produkte ohne Herstelleradresse, ohne EU-Kontaktperson oder ohne lokale Warnhinweise dürfen ab Dezember 2024 nicht mehr auf den EU-Markt. Es empfiehlt sich, bereits jetzt alle Artikel daraufhin zu prüfen und mit Lieferanten die nötigen Änderungen abzustimmen.

Produktidentifizierung & Rückverfolgbarkeit

Eng verknüpft mit der Kennzeichnung ist das Prinzip der Rückverfolgbarkeit(Traceability). Die GPSR betont, dass Unternehmen jederzeit den Weg eines Produkts durch die Lieferkette nachvollziehen können müssen. Dazu gehört:

  • Chargennummern und Aufzeichnungen: Wie oben erwähnt, muss jedes Produkt eine Charge-/Seriennummer tragen. Zusätzlich sollten Hersteller/Importeure Aufzeichnungen darüber führen, welche Chargen wann und wohin geliefert wurden. Dieses Tracking-System ermöglicht es, bei Sicherheitsproblemen schnell alle betroffenen Produkte zu identifizieren und zurückzurufen.

  • Lieferkette dokumentieren: Händler sollten ihre Bezugsquellen (Lieferanten) und Abnehmer kennen und dokumentieren. Bei einem Rückruf oder einer Sicherheitswarnung können so alle relevanten Partner informiert werden.

  • Safety Gate (RAPEX): Die EU wird ihr Schnellwarnsystem für gefährliche Produkte, früher RAPEX genannt, weiter ausbauen (nun Safety Gate genannt). Über dieses Portal tauschen Behörden Warnmeldungen zu unsicheren Produkten aus und koordinieren Rückrufe. Hersteller, Händler und Marktplätze werden verpflichtet sein, solche Warnungen zügig umzusetzen, d.h. unsichere Produkte vom Markt zu nehmen und Verbraucher zu informieren.

Für Amazon-Verkäufer ist es daher unerlässlich, Chargennummern oder SKU-Nummern sauber zu verwalten und im Ernstfall schnell reagieren zu können. Amazon selbst wird bei gemeldeten Gefahrprodukten Listing-Maßnahmen ergreifen; Händler sollten im eigenen Interesse kooperieren und ein internes Rückruf-Management parat haben.

Risikobewertung & technische Dokumentation

Hersteller (und gegebenenfalls Importeure) müssen künftig proaktiv die Sicherheit ihrer Produkte nachweisen. Die GPSR schreibt vor, dass für jedes Produkt eine Risikobewertung durchgeführt wird – unter Berücksichtigung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs und des vorhersehbaren Fehlgebrauchs. Alle potenziellen Gefahren sollen identifiziert und bewertet werden, um sicherzustellen, dass das Produkt unter realistischen Bedingungen sicher ist.

Im Zuge dessen muss auch eine technische Dokumentation erstellt werden. Diese Unterlagen (ähnlich einer Konformitätsdokumentation bei CE-Kennzeichnung) sollen alle nötigen Informationen enthalten, um die Produktsicherheit zu belegen. Dazu zählen beispielsweise: Konstruktionszeichnungen, Materialangaben, Testergebnisse, Zertifikate, Risikoanalysen und ggf. Gebrauchsanweisungen. Die verantwortliche Person in der EU muss Zugriff auf diese Dokumentation haben und sie auf Verlangen der Marktüberwachungsbehörden vorlegen können.

Für Amazon-Händler bedeutet das: Sorgen Sie dafür, dass für Ihre Produkte entsprechende Dokumente existieren! Wenn Sie der Hersteller sind, erstellen Sie eine technische Dokumentation nach GPSR-Vorgaben. Wenn Sie „nur“ Händler oder Importeur sind, stellen Sie sicher, dass der Hersteller solche Nachweise liefert. Im Zweifel sollte man frühzeitig Prüfberichte oder Zertifikate von unabhängigen Laboren einholen, besonders bei Produkten mit höherem Risiko (z.B. Elektronik, Spielzeug). Ein solides Compliance-Fileschützt nicht nur vor Behördenproblemen, sondern ist auch die Grundlage, um gegenüber Amazon oder Kunden die Sicherheit des Produkts zu untermauern.

Online-Marktplätze in der Verantwortung

Neu ist auch, dass Online-Marktplätze wie Amazon selbst stärker in die Pflicht genommen werden. Die GPSR stellt klar, dass Online-Plattformen denselben produktsicherheitsrechtlichen Sorgfaltsmaßstäben unterliegen wie stationäre Händler. Konkret müssen Marktplatzbetreiber Maßnahmen treffen, damit auf ihren Websites nur sichere Produkte angeboten werden.

Für Amazon wird dies bedeuten, dass z.B. Listungsvoraussetzungen verschärft werden und unsichere Produkte schneller entfernt werden müssen. Die Verordnung sieht vor, dass Marktplätze u.a. übermitteltes Produkt-Compliance-Informationen prüfen, gefährliche Angebote proaktiv deaktivieren und bei Rückrufen eng mit Behörden kooperieren. Amazon ist also gesetzlich angehalten, verifizierbare Sicherheitsinformationen von Verkäufern einzufordern und notfalls eigenständig einzuschreiten, wenn Produkte nicht den Vorgaben entsprechen.

In der Praxis haben Amazon-Händler dies bereits gespürt: So fordert Amazon vermehrt Konformitätsnachweise für bestimmte Produktkategorien an. Mit Inkrafttreten der GPSR können Händler damit rechnen, dass ohne vollständige Sicherheitsdaten (Responsible Person, Herstellerinfo, Warnhinweise etc.) ein Listing nicht mehr aktiv sein darf. Amazon wird diese Daten sichtbar im Produktlisting anzeigen müssen (siehe nächster Abschnitt). Insgesamt führt die GPSR zu einer engeren Verzahnung zwischen Marktplatz und Gesetzgeber: Zum Schutz der Verbraucher müssen alle Beteiligten – vom Hersteller bis zur Plattform – Verantwortung für Produktsicherheit übernehmen.

Amazon und die GPSR: Was Händler tun müssen

Angesichts der neuen Vorschriften hat Amazon bereits angekündigt, welche Schritte Verkäufer bis zur Deadline umsetzen müssen. Konkret hat Amazon an Seller in der EU kommuniziert, dass bis zum 13. Dezember 2024 folgende Maßnahmen erledigt sein müssen:

  • Produkte konform machen: Stellen Sie sicher, dass alle Ihre Non-Food-Produkte für die EU den bestehenden Kennzeichnungs- und Rückverfolgbarkeitsanforderungenentsprechen (Herstelleradresse, Chargenkennzeichnung etc.).

  • EU Responsible Person benennen: Sie müssen eine verantwortliche Person in der EU haben für jedes Produkt. Falls Sie selbst nicht in der EU sitzen, beauftragen Sie einen Importeur oder Bevollmächtigten, der diese Rolle übernimmt.

  • Kennzeichnung aktualisieren: Bringen Sie an jedem Produkt (oder dessen Verpackung) die Kontaktdaten der Responsible Person, des Herstellers und – falls zutreffend – des Importeurs an. Zudem muss jedes Produkt eine Typen-, Chargen- oder Seriennummer tragen. Alle erforderlichen Warnhinweise sind in der Landessprache des jeweiligen EU-Verkaufsmarkts anzubringen (z.B. deutsche Warnetiketten für DE-Marktplatz).

  • Listing-Informationen ergänzen: In Ihrem Amazon-Produktlisting müssen ab Stichtag ebenfalls bestimmte Angaben sichtbar sein. Laut Amazon werden Verkäufer verpflichtet, die Responsible-Person-Informationen sowie Name und Kontakt des Herstellers für jedes Produkt im System zu hinterlegen. Außerdem muss mindestens ein Produktbild sowie alle relevanten Warn- und Sicherheitshinweise (in Landessprache) im Online-Angebot angezeigt werden. Amazon wird hierzu Anfang 2024 genauere Anweisungen geben, wie Händler diese Daten einpflegen können.

Zusätzlich ist Eigeninitiative gefragt: Amazon empfiehlt, so früh wie möglich mit der Umsetzung der ersten Anforderungen (Kennzeichnung, Responsible Person) zu beginnen. Händler sollten die verbleibende Zeit bis Dezember 2024 nutzen, um sämtliche Produkte und Listings GPSR-fit zu machen. Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten To-Dos für Amazon-Händler zusammen:

Pflicht bis 13.12.2024 Umsetzung für Amazon-Händler
Responsible Person benennen Benennen Sie für jedes Produkt eine verantwortliche Person mit Sitz in der EU (Hersteller, Importeur, autorisierter Vertreter oder Erfüllungsdienstleister). Deren Kontaktdaten müssen veröffentlicht werden.
Kennzeichnung am Produkt Bringen Sie auf Produkt oder Verpackung Name und Anschrift des Herstellers (bzw. Importeurs) und der Responsible Person an. Zusätzlich versehen Sie das Produkt mit einer Typ-, Chargen- oder Seriennummer zur eindeutigen Identifikation.
Warnhinweise in Landessprache Stellen Sie sicher, dass alle Sicherheits- und Warnhinweise sowie Gebrauchsanleitungen in der Sprache des Käuferlandes vorhanden sind (z.B. Deutsch für Deutschland). Fehlende Übersetzungen sind umgehend nachzurüsten.
Online-Listing-Informationen Hinterlegen Sie in Seller Central die Responsible Person (Name/Kontakt) und Herstellerinformationen für jedes Ihrer Produkte. Laden Sie Produktbilder hoch, die eine eindeutige Identifizierung ermöglichen, und fügen Sie relevante Warnhinweise in der jeweiligen Sprache hinzu. Amazon wird diese Angaben im Angebot anzeigen.
Dokumentation & Nachweise Halten Sie eine technische Dokumentation bereit, die die Sicherheit Ihres Produkts belegt (Risikobeurteilung, Testergebnisse etc.). Auf Anforderung durch Amazon oder Marktüberwachungsbehörden müssen Sie nachweisen können, dass Ihr Produkt den GPSR-Anforderungen entspricht.

Wie ersichtlich, müssen sämtliche Glieder der Lieferkette zusammenwirken, um die neuen Regeln zu erfüllen. Amazon-Verkäufer sollten frühzeitig mit Herstellern, Importeuren und ggf. Service-Dienstleistern Kontakt aufnehmen, um z.B. neue Etiketten drucken zu lassen oder einen EU-Vertreter zu bestellen. Auch sollten die eigenen Amazon-Listing-Daten auf den neuesten Stand gebracht werden, sobald Amazon die entsprechenden Eingabemasken bereitstellt.

Zeitplan und Fristen

Die GPSR ist bereits am 12. Juni 2023 formell in Kraft getreten (20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt vom 23. Mai 2023). Verbindlich gelten wird sie jedoch erst ab dem 13. Dezember 2024 in allen EU-Mitgliedstaaten. Diese Übergangszeit gibt Unternehmen die Chance, sich auf die neuen Anforderungen vorzubereiten. Bis zum Stichtag (13. 12. 2024) müssen alle oben beschriebenen Maßnahmen umgesetzt sein – es gibt keine weitere Verlängerung. Ab diesem Datum dürfen unsichere oder nicht GPSR-konforme Produkte nicht mehr auf dem EU-Binnenmarkt angeboten werden.

Für Amazon-Seller heißt das konkret: Produkte, die den GPSR-Vorgaben nicht entsprechen, werden ab diesem Zeitpunkt nicht mehr verkauft werden dürfen. Amazon wird voraussichtlich ab Herbst 2024 vermehrt Kontrollen durchführen und Händler an fehlende Angaben erinnern. Es ist ratsam, bereits einige Monate vor Dezember 2024 alles Notwendige abzuschließen, um letzte Puffer für unvorhergesehene Probleme zu haben.

Wichtig: Die GPSR ersetzt die alte Richtlinie vollständig, d.h. ab Dezember 2024 gelten einheitlich die neuen Regeln. Nationale Umsetzungsgesetze (wie z.B. das deutsche ProdSG) werden entsprechend angepasst oder obsolet, soweit sie den gleichen Anwendungsbereich betreffen. Unternehmen sollten daher ihre Compliance-Checklisten an die GPSR-spezifischen Punkte anpassen.

Strafen bei Nicht-Einhaltung

Die Nichteinhaltung der GPSR kann schwerwiegende Konsequenzen haben – sowohl rechtlicher als auch geschäftlicher Natur. Zum einen drohen Behördliche Maßnahmenund Sanktionen: Die Marktüberwachungsbehörden der EU-Staaten erhalten durch die GPSR erweiterte Befugnisse, um unsichere Produkte aufzuspüren und aus dem Verkehr zu ziehen. Bei Verstößen können je nach nationalem Recht beträchtliche Bußgelderverhängt werden. Einheitliche Strafhöhen schreibt die GPSR zwar nicht direkt vor, aber sie fordert wirksame, verhältnismäßige Strafen – in der Praxis sind Geldstrafen in fünf- bis sechsstelliger Höhe oder höher möglich, besonders bei Gefährdung von Verbrauchern.

Neben Geldbußen kann die Behörde Vertriebsverbote oder Rückrufe anordnen. Im Extremfall muss der Händler alle betroffenen Produkte zurückrufen und die Öffentlichkeit warnen – ein kostspieliger Vorgang, der auch den Ruf des Unternehmens beschädigt. Produktlistings auf Amazon werden bei Nicht-Konformität entweder gar nicht mehr zugelassen oder umgehend gesperrt werden. Amazon selbst wird im Sinne der GPSR unsichere Angebote blockieren, um eigene Haftungsrisiken zu minimieren.

Zusätzlich droht Imageschaden: Öffentlichkeitswirksame Produktrückrufe oder behördliche Maßnahmen werden oft in Verbraucherportalen oder Medien erwähnt, was zu Vertrauensverlust bei den Kunden führt. Gerade für Marken auf Amazon kann ein Safety-Gate-Eintrag (vormals RAPEX-Meldung) erheblichen Schaden bedeuten.

Fazit: Händler sollten die GPSR nicht auf die leichte Schulter nehmen. Die Kosten für präventive Compliance (Kennzeichnung, Tests, Dokumentation) sind in der Regel wesentlich geringer als die möglichen Verluste und Strafen bei einem Verstoß. Wer frühzeitig handelt und die oben genannten Pflichten erfüllt, minimiert das Risiko von Sanktionen erheblich.

FAQ

Was ist die General Product Safety Regulation (GPSR)?

Die General Product Safety Regulation (GPSR) ist eine EU-Verordnung (EU 2023/988)über die allgemeine Produktsicherheit. Sie tritt ab 13. Dezember 2024 EU-weit in Kraft und ersetzt die bisherige Produktsicherheitsrichtlinie von 2001. Die GPSR schreibt vor, dass alle Non-Food-Verbraucherprodukte, die in der EU verkauft werden, bestimmten Sicherheitsanforderungen genügen müssen, um ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten.

Ab wann gilt die neue EU-Produktsicherheitsverordnung?

Die GPSR gilt ab dem 13. Dezember 2024 in allen Mitgliedstaaten der EU. Ab diesem Datum müssen Unternehmen die Anforderungen der Verordnung vollständig einhalten. Die Verordnung wurde zwar bereits im Jahr 2023 verabschiedet, aber es gab eine Übergangsfrist bis Ende 2024, damit sich Hersteller, Händler und Marktplätze vorbereiten können.

Wen betrifft die GPSR?

Die GPSR betrifft alle Wirtschaftsakteure, die Verbraucherprodukte in der EU anbieten. Dazu zählen Hersteller, Importeure, Händler sowie Online-Marktplätze (z.B. Amazon). Insbesondere Amazon-Verkäufer (Seller und Vendoren) müssen die neuen Vorgaben umsetzen, wenn sie Non-Food-Produkte auf den EU-Marktplätzen verkaufen. Auch Nicht-EU-Hersteller sind betroffen, da sie einen in der EU ansässigen Verantwortlichen benennen müssen.

Was bedeutet „Responsible Person“ in der EU?

Die „Responsible Person“ (verantwortliche Person) ist ein neues Konzept der GPSR. Für jedes Produkt muss es einen in der EU ansässigen Verantwortlichen geben, der für die Produktsicherheit zuständig ist. Das kann der Hersteller (bei Sitz in der EU) sein oder z.B. ein Importeur, autorisierter EU-Vertreter oder Fulfillment-Dienstleister. Die Responsible Person fungiert als Ansprechpartner für Behörden und Verbraucher und muss u.a. die technische Dokumentation bereithalten.

Welche Produkte sind von der GPSR ausgenommen?

Von der GPSR ausgenommen sind nur wenige Kategorien, nämlich vor allem Produkte, die unter spezifischere EU-Vorschriften fallen. Beispiele: Lebens- und Futtermittel, Arzneimittel, lebende Tiere und Pflanzen, Antiquitäten oder Produkte, die ausdrücklich als zu reparieren bestimmt sind. Für solche Waren gelten eigene Sicherheitsgesetze. Alle anderen Verbraucherprodukte (von Elektronik über Spielzeug bis Haushaltswaren) fallen in den Geltungsbereich der GPSR.

Welche Strafen drohen bei Verstößen?

Bei Verstößen gegen die GPSR drohen unterscheidliche Sanktionen. Behörden können unsichere Produkte vom Markt nehmen, Rückrufe anordnen und Bußgelder verhängen. Die genaue Höhe der Strafen hängt vom jeweiligen EU-Land und der Schwere des Verstoßes ab. Zusätzlich kann Amazon als Marktplatz Listings sperren oder entfernen, wenn ein Produkt nicht GPSR-konform ist. Auch der Reputationsschaden ist erheblich, wenn etwa ein gefährliches Produkt öffentlich zurückgerufen wird.

Wie sollten sich Amazon-Händler auf die GPSR vorbereiten?

Amazon-Händler sollten frühzeitig alle GPSR-Vorgaben umsetzen. Konkret: Benennen Sie eine EU-Responsible Person und aktualisieren Sie Produktetiketten(Herstelleradresse, EU-Kontakt, Chargennummer) sowie Warnhinweise in Landessprache. Hinterlegen Sie zudem in Amazon Seller Central die erforderlichen Produktinformationen (Verantwortlicher, Hersteller, Warnhinweise). Außerdem empfiehlt es sich, die Produktsicherheit durch Tests und technische Dokumentation nachzuweisen. Halten Sie Unterlagen bereit, um die Konformität auf Verlangen zu belegen. So stellen Sie sicher, dass Ihr Geschäft in der EU auch nach Dezember 2024 reibungslos weiterläuft.

Über den Autor

Jonas Zeppenfeld

Jonas ist Geschäftsführer von Dype. Hier auf dem Dype Blog und im Snackable Marketing Podcast teilt er regelmäßig spannende Insights für Amazon Seller & Vendoren. In den Podcast werden dazu regelmäßig Branchenexperten eingeladen.